9. Juni 2019

Was Coco Chanel, Pharaonen und Naturvölker vereint

Diese Geschichte aus der Rubrik «10 Things to know» geht an­hand von Kunstwerken aus dem Eletto-Angebot der Bedeutung und Geschichte von Schmuckstücken nach. Die wis­sens­wer­ten Fakten zei­gen un­ter an­de­rem auf, dass dem Schmuck schon in der Jungsteinzeit eine gros­se Bedeutung zu­kommt und er­klärt, wes­halb Coco Chanel den Begriff «Modeschmuck» prägt. Zudem stel­len wir ein Gemälde vor, wel­ches als ei­nes der ers­ten über­haupt ei­nen männ­li­chen, ade­li­gen Ohrring-Träger zeigt.

Geschichte des Schmucks
Schmuck und Kleidungsstücke die­nen dazu, die bio­lo­gisch ge­ge­be­ne, kör­per­li­che Erscheinung zu er­gän­zen. Insbesondere Schmuck er­öff­net die Möglichkeit, sich von an­de­ren Menschen zu dif­fe­ren­zie­ren, Macht zu sym­bo­li­sie­ren oder Reichtum zu äus­sern.
Die äl­tes­ten be­kann­ten Schmuckstücke stam­men aus der jün­ge­ren Altsteinzeit. Die Anhänger, Reifen und Amulette wer­den auf al­len Kontinenten nach­ge­wie­sen und sind ein­heit­lich aus Knochen, Steinen oder Federn pro­du­ziert. Archäologen ge­hen da­von aus, dass die­ser Schmuck vor al­lem dazu ge­dient hat, frem­den Menschen den ei­ge­nen Staus zu sym­bo­li­sie­ren oder ein­zel­ne Persönlichkeiten aus­zu­zeich­nen (zum Beispiel Medizinmänner oder Häuptlinge). Durch die Erfindung der Metallverarbeitung (zir­ka 4’000 Jahre v.u.Z.), ver­än­dert sich die Bedeutung und Herstellung von Schmuck ra­di­kal. Ab dem 3. Jahrtausend v.u.Z. spielt Schmuck eine wich­ti­ge Rolle im all­täg­li­chen Leben, da die­ser ver­mehrt als de­ko­ra­ti­ves Accessoire an­ge­se­hen wird und bei­spiels­wei­se farb­li­che Akzente auf den neu­er­dings halb-ma­schi­nell her­ge­stell­ten (ge­wo­be­nen) Kleidungsstücken setzt. In vie­len Teilen der Welt kommt dem Schmuck zu­dem eine zen­tra­le Rolle im da­ma­li­gen Totenglauben zu. Mit der Gewinnung von Gold, Silber, Elfenbein, Diamanten oder Perlen ent­bren­nen im­mer mehr Konflikte um de­ren Besitz. Zudem kommt dem Schmuck im­mer öf­ters eine Bedeutung als Handelsware zu. Wer Ketten, Kelche, Ringe und an­de­re edle Schmuckstücke be­sitzt, kommt auch schnells­tens zu Land, Rohstoffen, Nahrungsmitteln oder ähn­li­chen Gütern. Insbesondere dank der Entdeckung von neu­en Stoffen und Fertigungsverfahren wer­den seit dem 20. Jahrhundert Schmuckstücke  nicht mehr aus­schliess­lich aus sel­te­nen Materialien her­ge­stellt, son­dern auch aus bil­li­gen Stoffen.  Die Stücke, wel­chen wäh­rend Jahrhunderten sa­gen­vol­le Kräfte und spe­zi­fi­sche Eigenschaften zu­ge­schrie­ben wor­den sind, bril­lie­ren heu­te vor al­lem we­gen ih­res äs­the­ti­schen Wertes oder al­len­falls als Geldanlage. 
Früher Körperschmuck
Eine be­son­de­re Bedeutung in der frü­hen Schmuck-Geschichte kommt der Körperbemalung zu: Seit je­her pro­du­zie­ren Menschen aus Pflanzensäften, un­ter­schied­li­chen Gesteinen und zer­rie­be­ner Erde Farben, wel­che di­rekt auf die Haut auf­ge­tra­gen wer­den kön­nen. Diese Tradition hält sich bis heu­te. So fin­det man die kunst­vol­len Körperbemalungen bei na­tur­ver­bun­de­nen Völkern in Papua Neuguinea oder im afri­ka­ni­schen Togo. Oftmals wer­den die Körperbemalungen er­gänzt mit na­tür­li­chen, pflanz­li­chen Schmuckstücken. Solche Gegenstände sind auch bei der auf Eletto an­ge­bo­te­nen Affengottheit «Gbekre»festzustellen: Die als Skulptur ge­schaf­fe­ne Gottheit er­hält durch die Ballung ma­gi­scher Kräfte Macht, be­stimm­te Aufträge zu er­fül­len, als Richter bö­ser Seelen im Jenseits, oder auch als Helfer und Beschützer der Lebenden, so­wie als Agrargottheit bei Ernteritualen. Die Statue zeich­net sich aus durch be­son­ders gut er­hal­te­nen Naturschmuck: Holz, Pflanzenfasern, ei­nen Raphia- Umhang so­wie Tierhörnern.

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«Gbekre»-Affenfigur

«Gbekre»-Affenfigur

Elfenbeinküste, Baule

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Herrenportrait mit Siegelring

Herrenportrait mit Siegelring

England, um 1800-1820

Der Knopf – eine er­schwing­li­che Zierde 
Obwohl Knöpfe seit der Antike be­kannt sind (da­mals als rei­ner Ziergegenstand), wird der  funk­tio­na­le Knopf erst im Mittelalter er­fun­den. Die neue Methode ver­brei­tet sich aus­ge­hend von Deutschland bis zum zum 14. Jahrhundert rasch und führt zu ei­ner Mode mit eng an­lie­gen­den Kleidern. Der Ösenknopf  zeich­net sich da­durch aus, dass er auf der Rückseite eine Öse hat, durch die er an das Kleidungsstück ge­näht wird. Knöpfe er­mög­li­chen auch we­ni­ger ver­mö­gen­den Personen, sich kunst­voll zu schmü­cken. Der Schuljunge auf dem Gemälde von Franz Thöne trägt bei­spiels­wei­se Knöpfe aus dunk­lem Tierhorn – mit gros­ser Wahrscheinlichkeit von der bäu­er­li­chen Familie selbst her­ge­stellt.
2’000-jährige Nasenringe
Die so­ge­nann­te Tumaco-La Tolita-Figur aus un­se­rem Angebot weist an den Ohren und an der Nase Löcher auf, in wel­chen ur­sprüng­lich Goldringe plat­ziert wa­ren. Die Tumaco-La Tolita-Völker be­sie­del­ten die heu­ti­ge Grenze zwi­schen Ecuador und Kolumbien und ent­wi­ckel­ten sich gleich­zei­tig zu den klas­si­schen west­li­chen Zivilisationen (Griechenland und Rom). Die Keramikfiguren der Tumaco-La Tolita zeich­nen sich durch eine na­tu­ra­lis­ti­sche Darstellungsweise und eine gros­se Ausdrucksstärke aus. Das hier an­ge­bo­te­ne Exemplar – wohl die Darstellung ei­nes Herrschers – ist be­son­ders schön aus­ge­ar­bei­tet und weist alle ty­pi­schen Merkmale be­deu­ten­der Tumaco-La Lolita-Skulpturen auf: Klare Gesichtszüge, eine hohe Stirn so­wie Löcher in Nase und Ohren zum Anbringen von Goldschmuck. Ferner er­in­nert die Skulptur an ägyp­ti­sche Herrscher-Portraits.

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«Guaca»-Kopf (Figuren­fragment)

«Guaca»-Kopf (Figuren­fragment)

Tumaco-la Tolita-Kultur, um 100 v. Chr. – 200 n. Chr.

Der Männer-Ohrring
In der heu­ti­gen Zeit schmü­cken sich Männer üb­li­cher­wei­se we­ni­ger als Frauen. Weit ver­brei­tet sind bei Männern ins­be­son­de­re Ringe und Hochringe. Letztere sind je­doch lan­ge Zeit nur Seefahrern und Piraten vor­ent­hal­ten. Dies wird da­mit er­klärt, dass die Kosten ei­nes christ­li­chen Begräbnisses für ei­nen un­be­kann­ten Ertrunkenen mit sei­nem gol­de­nen Ohrring ge­deckt wer­den soll­te. Bis zum Ende des Ancien Régimes gibt es nur we­ni­ge ver­ein­zel­te Nachweise für den Gebrauch des Männerohrrings. Erst mit der fran­zö­si­schen Revolution, als das Bürgertum Elemente der Armenmode über­nimmt, scheint ne­ben der Röhrenhose der Matrosen auch de­ren Ohrring als de­mons­tra­ti­ves Zeichen re­vo­lu­tio­nä­rer Gesinnung sa­lon­fä­hig zu wer­den. In ei­nem hier an­ge­bo­te­nen Gemälde von Remi-Fursy Descarsin wird ein klei­ner Junge in ade­li­ger Kleidung – mit Ohrring – ge­zeigt. Wahrscheinlich will der Maler mit die­sem Motiv dem Jungen eine gute Zukunft wün­schen, wel­che von der Demokratie lebt und die Ständegesellschaft ver­drän­gen möge.
Mandarine und hei­li­ger Geist
Das auf Eletto an­ge­bo­te­ne «Genfer Verlobungs-Portrait» aus dem frü­hen 17. Jahrhundert ist ein Verlobungsgeschenk von Jean-Christian Stutz (1590-1637), Minister in Saint-Arnbual und Saarbrücken, an sei­ne spä­te­re Gemahlin. Die fein aus­ge­führ­te Arbeit ist aus iko­no­gra­phi­scher Sicht von be­son­de­rem Interesse und zeigt schö­ne Details wie die Mandarine (Treueversprechen) oder die so­ge­nann­te «Colombe de Saint Esprit» (Collier als kirch­li­ches Zeichen). Das Schmuckstück «Colombe de Saint Esprit» stellt den «Heiligen Geist» dar und macht da­mit klar, welch gros­se Bedeutung dem Schmuck als re­li­giö­ses Zeichen zu­kommt. Der Heilige Geist soll den gläu­bi­gen Christen da­bei hel­fen, Dinge zu tun, die für die Menschen und die Welt gut und rich­tig sind. Die Vereinigung von Vater, Sohn und Heiligem Geist in Gott nennt man Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit oder Trinität. An die Dreieinigkeit er­in­nern sich Christen in je­dem Gottesdienst, denn er be­ginnt und en­det mit den Worten: «Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.» Auf Bildern wird der Heilige Geist oft als weis­se Taube dar­ge­stellt – auf dem vor­lie­gen­den Portrait ist der Heilige Geist als Collier (Gold, Edelsteine, Perle) aus­ge­ar­bei­tet.

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Das Genfer Verlobungs-Portrait

Das Genfer Verlobungs-Portrait

Genfer Schule, 17. Jh.

Wichtige Botschaften
Bis heu­te wer­den wich­ti­ge Dokumente mit ei­nem Siegel ver­se­hen. Während die­se Versiegelung meist mit schwer ent­schlüs­sel­ba­ren elek­tro­ni­schen Codes er­folgt, sind frü­her so­ge­nann­te Siegelringe ver­wen­det wor­den. Das Abzeichen von wich­ti­gen Persönlichkeiten ist zu die­sem Zweck ent­we­der in das Edelmetall des Rings oder in sei­nen Edelstein als Negativform ein­gra­viert wor­den – eine Technik, die man Intaglio nennt. Auf dem Gemälde, wel­ches um 1800 ent­stan­den ist und ei­nen eng­li­schen Adeligen zeigt, ist eben­falls ein Siegelring zu se­hen. 
Kunstwerke im Kleinformat
Bei ge­nau­em Betrachten des eng­li­schen Herren-Portraits fal­len die klei­nen Hemdverschlüsse auf: Miniaturhafte Blumenstillleben, aus­ge­führt in der Email-Technik. Bei die­ser Technik wer­den zu­nächst die durch lös­li­che Metalloxide ein­ge­färb­te Glasmasse im Mörser zer­stampft, das fei­ne Pulver dann mit et­was Flüssigkeit be­netzt und der Brei auf ei­nen Metall- oder Glasrezipienten auf­ge­tra­gen. Nach dem Trocknen er­folgt das Aufschmelzen im Email-Ofen bei 700-900° C. Danach wird das Objekt ab­ge­schlif­fen und po­liert.
Coco Chanel prägt eine neue Schmuck-Art
Schmuck, wel­cher ak­tu­el­le Modetrends auf­nimmt und da­bei preis­wert in der Herstellung ist, wird Modeschmuck ge­nannt. Der Begriff ist stark mit der Idee der „Demokratisierung“ von Schmuck als Statussymbol ver­bun­den. Das Wort  ent­steht in den 1920er Jahren, als Coco Chanel aus güns­ti­gem Blech und Glas her­ge­stell­ten Schmuck ent­wirft, pas­send zu ih­ren Kollektionen. Der Löwenanteil des Modeschmucks wur­de und wird je­doch nicht von Modeschöpfern de­signt, son­dern in gros­sen Fabriken ent­wor­fen und ge­fer­tigt. Versandkataloge, wel­che güns­ti­gen Schmuck in gros­sen Mengen an­prei­sen, sind seit dem Ende des 19. Jahrhunderts be­kannt.
Schmuck der Zukunft
Vollkommen ma­schi­nel­le Fertigungen und 3D-Drucktechnologien im Bereich Schmuck wer­den im­mer be­lieb­ter. Dies liegt dar­an, dass 3D-Drucker in­zwi­schen in der Lage sind, so­wohl Metalle als auch Kunststoffe zu dru­cken, um schö­nen 3D Druck Schmuck her­zu­stel­len.

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Vater und Sohn

Vater und Sohn

Remi-Fursy Descarsin, 1771

Weitere Objekte, die zu die­ser Geschichte pas­sen:

Das Genfer Verlobungs-Portrait

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Genfer Schule, 17. Jh.

Herrenportrait mit Siegelring

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England, um 1800-1820

Vater und Sohn

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Remi-Fursy Descarsin, 1771

«Gbekre»-Affenfigur

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Elfenbeinküste, Baule

«Guaca»-Kopf (Figuren­fragment)

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Tumaco-la Tolita-Kultur, um 100 v. Chr. – 200 n. Chr.