Der deutsche «Albert Anker»
Schon zu Lebzeiten wird Albert Anker, selbst Vater von sechs Kindern, geschätzt für seine psychologisierenden Portraits von Jungen und Mädchen. In seinen Bildern spiegelt sich oftmals die Überzeugung des Künstlers, dass die schulische Bildung das wichtigste Lebenselixier für Kinder sei. Der deutsche Maler Franz Thöne verfolgte einen ähnlichen Ansatz.
Das Gemälde «Schreibender Knabe» von Albert Anker ist am 21. Juni 2013 für über zwei Millionen Schweizerfranken versteigert worden. Die Malerei zeigt einen etwa achtjährigen Jungen, welcher sich im Lesen und Schreiben übt. Unter dem Gesichtspunkt des pädagogischen Wandels im 19. Jahrhundert ist die Genreszene von besonderem Interesse: Die Kleidung des Knaben und vor allem das staffierende Holzmobiliar lassen auf ein bäuerliches Milieu schliessen, welches eine obligatorische Schulbildung erst seit dem Jahr 1874 kennt. Als humanistisch aufgeschlossene Persönlichkeit versuchte der Seeländer Maler, auf die Wichtigkeit dieser gesellschaftlichen Neuerung hinzuweisen. Indem der Künstler Kinder und Jugendliche als lebhafte, lernende Individuen darstellt, weist er auf die neu eingeführte, neunjährige obligatorische Schulzeit hin, welche den jungen Erwachsenen eine breite berufliche Perspektive ermöglicht.
1883, im Entstehungsjahr des «schreibenden Knaben» von Albert Anker, entsteht in Süddeutschland das Ölbild «Kennst du ihn?». Obwohl bei flüchtiger Betrachtung die Arbeit durchaus auch Anker zugeschrieben werden könnte, ist der Autor dieses Werkes Franz Thöne. 20 Jahre nach Albert Anker geboren –1851 – beschäftigte sich der Genre- und Porträtmaler ebenfalls mit Kinderdarstellungen. Das hier angebotene Gemälde des Künstlers gehört zu seinen Hauptwerken – nebst der hochstehenden malerischen Qualität verblüfft das Werk vor allem mit dem Einbezug einer ironisierenden, zeitlosen Karikatur auf der Schiefertafel des Schuljungen. Das Gemälde von Franz Thöne stellt – ganz im Sinne Albert Ankers – ebenfalls einen Knaben dar, welcher am Schulpult eine Ausbildung geniesst. In dem der verschmitzt lächelnde Bub durch die karikierenden Abbildung den Betrachter rhetorische fragt «Kennst du ihn?» [den Lehrer], geht Thöne noch einen Schritt weiter im Bezug auf die Wahrnehmung von Kindern als eigenständige, denkende Individuen. Die humorvolle, narrative Komposition und der Einbezug eines «Trompe l’oeil» (Schiefertafel) lassen zudem auf eine Faszination Franz Tönes für die niederländische Malerei schliessen.
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Da das Werk von Thöne heute weniger bekannt ist und viele Kinderbildnisse des Malers als verschollen gelten, kann Eletto den Knaben mit der Karikatur bereits für CHF 4’500.00 anbieten. Ausgebildet in Düsseldorf, erzielte Thöne erste Erfolge mit Genremalereien, welche den Alltag einfacher Leute darstellen, eine besondere Stellung nehmen dabei die Kinderbildnisse eine. Zudem sind etwa 80 Auftragsporträts bekannt, welche der Maler ab der Mitte der 1880er Jahre umsetzte. Die Gemälde Thönes sind häufig gut durchkomponiert, bei den Porträts bilden bilden die Augen das Zentrum. Noch zu Lebzeiten verkaufte Thöne seine Werke bis nach England oder Amerika. Die deutsche Kunsthistorikerin Dr. Beate Wittig vergleicht die Werke des Künstlers mit fotografischen Schnappschüssen: «Die sichere Erfassung des flüchtigen Augenblicks durch den Maler lassen seine Bilder wie fotographische Schnappschüsse erscheinen. Thöne hat immer versucht, den Menschen zu entdecken. Sein angeborener Künstlersinn, vereint mit Zähigkeit, Fleis und Ausdauer liessen Thöne manchen Zeitgenossen überflügeln und zu einem erfolgreichen, weil feinsinnigen, Kunstmaler seiner Zeit werden.». Franz Thöne starb 22. Juni 1906 in Düsseldorf.